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Elektronische Patientenakte und Gesetzeslage

Elektronische Patientenakte und Gesetzeslage

Die Einführung der elektronischen Patientenakte zu Beginn dieses Jahres bringt viele Veränderungen mit sich. Fragen zur Sicherheit, zum Praxisablauf, aber auch zur ärztlichen Dokumentationspflicht kommen auf die Mediziner zu. Diese Fragen möchte Prof. Dr. iur. Alexandra Jorzig, Fachanwältin für Medizinrecht, am 12. Juni 2021 auf der Fortbildung HCP.digital beantworten. 

Die Corona-Pandemie hat zu einer überraschend rasanten Entwicklung der digitalen Gesundheitsanwendungen geführt. So ist Prof. Dr. iur. Alexandra Jorzig davon überzeugt, dass 2020 viele Tools in der Praxis Einzug gefunden haben, die man ansonsten nicht so rasch hätte etablieren können; beispielsweise die Videosprechstunde, die Anfang 2020 noch kaum Akzeptanz gefunden hatte. 

Ein schon seit langem geplantes Tool ist die elektronische Patientenakte (ePA), auf deren Nutzung gesetzlich Krankenversicherte seit dem 1. Januar 2021 ein Anrecht haben. Sie startet mit einer Testphase und wird von Krankenkassen kostenlos als App für mobile Endgeräte bereitgestellt. Digitale Anwendungen wie die ePA sollen in Zukunft dazu beitragen, medizinische Informationen zur Behandlung schneller bereitzustellen und dadurch die Versorgung der Patientinnen und Patienten zu verbessern. 

Veränderungen für Ärzte durch die elektronische Patientenakte 

„Wie die ePA genau funktioniert, können sich viele Ärztinnen und Ärzte noch nicht so richtig vorstellen“, meint Prof. Jorzig, „deswegen spüren sie dabei auch ein gewisses Unbehagen.“ Um diese und andere Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern, müssen nicht nur Ärztekammern und Kassenärztliche Vereinigungen einiges tun, sondern auch die Mediziner selbst viel leisten. Zwar haben die Praxen und Kliniken bereits einiges geschafft mit der Anbindung an die Telematikinfrastruktur, also die Informations-, Kommunikations- und Sicherheitsinfrastruktur des deutschen Gesundheitswesens. Doch zur sukzessiven Etablierung der ePA sei nun von jedem Einzelnen Einsatz gefordert, betont die Fachanwältin. Die Ärzte seien dabei die ersten, die in diesen Prozess der Vernetzung des Gesundheitswesens eingebunden werden. Über die Jahre hinweg werden dann andere Akteure des Gesundheitswesens hinzukommen: Therapeuten, medizinisches Fachpersonal, aber auch Apotheken und Patienten. 

Sicherheit der elektronischen Patientenakte

Prof. Jorzig hält die ePA für ein sehr sicheres System, weil dabei der Datenschutz besonders großgeschrieben wurde. Sie sagt aber auch: „Im gesamten Digitalisierungsweg sind wir eigentlich ständig ‚Work in Progress‘. Das heißt, vieles entwickelt sich erst auf dem Weg und dann bessert man teilweise nach. Das ist im Bereich der Digitalisierung nichts Außergewöhnliches, sondern es geht gar nicht anders.“

Die ePA soll der Schlüssel zu einer modernen Gesundheitsversorgung werden, eine sichere, digitale Aufbewahrung für alle medizinischen Dokumente. Tatsächlich sollte die ePA schon seit Jahren etabliert werden, so wie es in anderen europäischen Staaten bereits der Fall ist. In Estland zum Beispiel sei diese seit über zehn Jahren fest etabliert, erklärt die Expertin. Deutschland wäre in dieser Hinsicht wirklich überfällig. Daher begrüßt sie es, dass die ePA nun endlich startet. 

Vorbereitung der Patienten auf die elektronische Patientenakte

Um nun die Patienten auf die ePA vorzubereiten, sollten Beteiligte wie Ärzte, Krankenkassen und auch Medien mitwirken. Dazu wird es nach Ansicht von Prof. Jorzig noch viel Aufklärungsarbeit brauchen. Allerdings seien Patienten von heute nicht mehr mit denen von früher zu vergleichen: „Patientinnen und Patienten kommen heute sehr häufig zum Arzt und sagen: Ich habe bei Google gelesen, dass…“ Man könne schon seit längerer Zeit beobachten, dass Patienten immer mündiger werden. Und durch die Vorgaben für die ePA werde diese Mündigkeit nun noch einmal sehr viel stärker gefordert.

Die Einrichtung und Nutzung der ePA ist für Patienten freiwillig. Sie entscheiden selbst darüber, wem sie Einblick in ihre Patientenakte geben wollen. Das heißt, die Patienten werden darin bestärkt, souverän und eigenverantwortlich mit ihren Gesundheitsdaten umzugehen. Sie können andererseits eine aktivere Rolle und stärkere Verantwortung für ihre Gesunderhaltung übernehmen. 

Änderungen im Praxisablauf und rechtliche Absicherung

Durch die ePA können viele Abläufe vereinfacht werden, wenn bisher über Papierform ablaufende Arbeitsschritte digitalisiertwerden. Wobei zu Anfang voraussichtlich erst einmal parallel gefahren werden muss. Aktuell sei es schwierig, nur mit einer digitalen Akte zu agieren, meint Prof. Jorzig, da der Patient freigeben muss, was genau dort eingestellt wird. Und wenn er nicht alles freigibt, muss der Arzt trotzdem alles dokumentieren. Denn, so sagt die langjährige Fachanwältin für Medizinrecht, „wir dürfen nicht unterschätzen, dass die ärztliche Dokumentationspflicht eine Berufspflicht des Arztes darstellt. Und wenn er gar nicht die Freigabe hat, alles in die ePA einzustellen, dann muss er parallel fahren.“ Der Idealfall sei aber natürlich, dass man nach einiger Zeit dahin gelangt, tatsächlich nur noch eine Akte, nämlich die ePA, zu haben, in der alles abgelegt wird. 

In Ihrem Vortrag „Elektronische Patientenakte und Gesetzeslage“ auf der HCP.digital am 20. Februar 2021 möchte Prof. Jorzig sehr praxisnah gestalten, damit die Teilnehmenden einen Erkenntnisgewinn für ihren Praxisalltag mitnehmen. Aus Erfahrung weiß die Juristin, dass Mediziner quasi darauf „trainiert“ sind, rechtlich vorsichtig zu sein. Aus diesem Grund möchte sie, dass die Teilnehmenden aus ihrem Vortrag mit mehr Sicherheit in Rechtsfragen herausgehen, um anschließend damit auch agieren zu können. Sie sollen hinterher sagen können: „Ich weiß jetzt, wie ich es mache, aber so, dass ich auch rechtlich abgesichert bin.“

Weitere Informationen 

Autorin: Johanna Schmidbauer

Datum: Januar 2021

Quellen:

Interview mit Prof. Dr. iur. Alexandra Jorzig, 21.12.2020

gematik GmbH: E-Patientenakte, E-Rezept. https://www.gematik.de/anwendungen/ (Abruf: Januar 2021)

Homepage Prof. Dr. iur. Alexandra Jorzig www.jorzig.de/ (Abruf: Januar 2021)